HÖRL FAMILIE

Das „Familientreffen“ von Ottmar Hörl – Eine Skulptur, die Rüsselsheim prägt

Kaum eine andere Skulptur in Rüsselsheim hat so eine starke Präsenz und gleichzeitig so viel Diskussion ausgelöst wie das „Familientreffen“ des Bildhauers Ottmar Hörl. Seit 1992 ist diese Werkserie ein fester Bestandteil des öffentlichen Raums der Stadt und steht für alles, was Rüsselsheim ausmacht: Industrie, Diversität und Multikulturalität.

Ein radikales Konzept für eine Stadt mit Geschichte

Als die Stadt Rüsselsheim 1992 eine Porträtskulptur in Auftrag gab, stellte sich die Frage: Was definiert Rüsselsheim eigentlich? Ist es Opel? Sind es die Menschen? Oder ist es die kulturelle Vielfalt, die hier seit Generationen gelebt wird? Ottmar Hörl entschied sich für eine radikale Abstraktion: Die Familie – der kleinste gesellschaftliche Zusammenschluss – als Metapher für die Stadt selbst.

Hörl, bekannt für seine konzeptuellen und seriellen Arbeiten, setzte auf Reduktion. „Simplify your art“ könnte sein Gedanke gewesen sein, als er sich gegen eine klassische Porträtfigur entschied und stattdessen auf Silhouetten einer Familie setzte.

Von der Architektenschablone zur Stadtikone

Als Vorlage nutzte Hörl eine Architektenschablone und übertrug das Konzept auf sechs lebensgroße Figuren aus Stahl – eine bewusste Anspielung auf den Automobilbau, der Rüsselsheim geprägt hat. Die Skulpturen wurden in unterschiedlichen Farben gefertigt, um die Diversität der Stadtgesellschaft widerzuspiegeln. Um ihre Allgegenwart zu betonen, verteilte man sie an verschiedenen Standorten im Stadtgebiet.

Die Skulpturengruppe entwickelte sich zur Serienarbeit und ist bis heute ein Auflagenobjekt, das bei Bedarf neu produziert werden kann.

Das Familienleben in Rüsselsheim

Derzeit gibt es sieben Familientreffen in der Stadt:

Familientreffen Map

Entführung, Enthauptung und eine Rückkehr nach Flörsheim

Wie es sich für eine echte Rüsselsheimer Skulptur gehört, blieb auch das Familientreffen nicht von Abenteuern verschont. Eine der Figuren wurde von Unbekannten entführt und – in einem skurrilen Twist – nach Flörsheim verschleppt. Dort wurde sie nicht nur gestohlen, sondern sogar enthauptet. Doch das Schicksal meinte es gut mit der Skulptur: Sie wurde wieder aufgestellt und fand so ihren Platz zurück im öffentlichen Raum.

Kunst, die nicht jedem gefällt – und gerade deshalb wichtig ist

Die „Hörl-Familie“ ist umstritten, nicht jeder kann mit der minimalistischen Darstellung etwas anfangen. Manche vermissen die Individualität und Persönlichkeit, andere lieben gerade diese klare Formensprache. Doch genau das macht Kunst im öffentlichen Raum aus: Sie polarisiert, sie regt Diskussionen an, sie ist immer im Wandel.

Für mich ist diese Skulptur mehr als nur ein Kunstwerk. Sie ist eine Spiegelung der Stadt, der Menschen und ihrer Geschichten. So vielfältig wie Rüsselsheim selbst, ist sie über die Jahre zum stillen Beobachter des urbanen Lebens geworden – manchmal übersehen, manchmal gestohlen, aber immer ein Symbol für Zusammenhalt und Veränderung.

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