
Das Tabor-Haus – Mythos, Musik und Bildung in Rüsselsheim
Der Landsitz des Hofrats Tabor, besser bekannt als Tabor-Haus, wurde bereits 1670 erbaut. Doch seinen besonderen Mythosentwickelte das Gebäude erst 120 Jahre später, als es ein Zentrum der Kunst und Kultur wurde.
Ein Haus für die schönen Künste
Im Jahr 1770 erwarb der Frankfurter Hofrat Tabor das alte barocke Wohnhaus mitsamt Nebengebäuden und Hofgelände. Tabor war nicht nur ein angesehener Hofrat, sondern auch ein leidenschaftlicher Förderer der schönen Künste und eng mit bedeutenden Persönlichkeiten der damaligen Zeit vernetzt.
Dass er ein persönlicher Freund Johann Wolfgang von Goethes war, war weit bekannt – und genau diese Verbindung machte das Tabor-Haus zu einem Treffpunkt für Künstler und Musiker.
Der Mozart-Mythos – Zwischen Wahrheit und Legende
Zwischen 1781 und 1790 diente das Haus immer wieder als Unterkunft für durchreisende Künstler.
Ein urbane Legende, die sich lange hielt, besagt, dass Wolfgang Amadeus Mozart auf seiner Reise nach Frankfurt zur Aufführung seiner Krönungsmesse in diesem Gebäude übernachtet haben soll. Diese Erzählung wurde durch den Stadthistoriker und Lehrer Wilhelm Sturmfels verstärkt, der eine Marmortafel an der Hauswand anbringen ließ.
Die Inschrift lautete:
„In diesem Hause weilte im Jahre 1790 bei Hofrat Tabor der große Musiker W.A. Mozart.“
Allerdings wurde dieser angebliche Besuch historisch widerlegt – dennoch bleibt die Geschichte bis heute Teil des Rüsselsheimer Stadtmythos.
Ein Ort der Bildung – Erster Kindergarten und Höhere Bürgerschule
Doch auch ohne Mozart schreibt das Tabor-Haus Geschichte. Später ging das Gebäude in den Besitz von Georg Hessemer über, der später der erste großherzogliche Bürgermeister Rüsselsheims wurde. Seine Familie hinterließ ein bedeutendes Erbe:
• Louise Hessemer, seine Tochter, gründete in einem Nebenhaus den ersten Kindergarten in Hessen-Darmstadt.
• Paul Hessemer, ein Ingenieur und ebenfalls ein Nachfahre der Familie, gründete hier die erste Höhere Bürgerschule in Rüsselsheim.
Ein Haus, das mehr als ein Mythos ist
Ob Mozart nun wirklich hier genächtigt hat oder nicht – das Tabor-Haus bleibt ein bedeutender Ort der Rüsselsheimer Kulturgeschichte. Es war nicht nur ein Refugium für Künstler, sondern auch eine Wiege der Bildung. Auch wenn es nicht immer im Rampenlicht steht, ist es doch ein Zeugnis der kulturellen Vergangenheit der Stadt.