ALTE MÜHLE IM VERNA PARK


Die alte Mühle – Ein verwunschenes Relikt der Vergangenheit

Die 1850 als Eremitage angelegte, künstliche Mühle war einst ein faszinierendes technisches Meisterwerk. In ihrem Inneren verbarg sich eine Dampfmaschine, die die Wasserspiele im nahegelegenen Teich antrieb. Inmitten der idyllischen Landschaft des Verna-Parks war sie nicht nur funktional, sondern auch ein Teil der romantischen Inszenierung dieses Ortes – ein Bauwerk, das Natur und Technik in Einklang brachte.

Doch ihre Geschichte nahm eine Wendung. 1976 wurde das Gebäude umgebaut und dem benachbarten „Haus der Senioren“ zur Verfügung gestellt – ein neuer Zweck für ein altes Bauwerk. Doch als hätte sich das Schicksal gegen sie gewendet, wurde die Mühle 1992 durch einen Brand schwer beschädigt. Danach stand sie still, verwundet, ungenutzt. Der Denkmalschutz bewahrte sie vor dem endgültigen Abriss, doch Geld für eine vollständige Sanierung war nicht vorhanden. 1995 reichte es nur für eine kosmetische Rettung – die Fassade wurde gesichert, das Innere blieb eine Ruine.

Es dauerte mehr als zwei Jahrzehnte, bis das Gebäude seine Wiedergeburt erlebte: Erst im Sommer 2017 konnte die alte Mühle komplett instand gesetzt werden.

Ein Hexenhaus inmitten des Verna-Parks

Für mich hatte diese Mühle immer etwas Magisches, fast Unheimliches. Besonders nach dem Brand, als sie schwarz verrußt und verlassen dastand, fühlte sie sich an wie ein Überbleibsel aus einem anderen Jahrhundert – ein Haus voller Geheimnisse. Genau so stellte ich mir ein Hexenhäuschen vor.

Die hohen Bäume des Verna-Parks, die künstlichen Ruinen, die verwachsenen Wege – all das verstärkte für mich die Illusion, durch einen mystischen Märchenwald zu laufen. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass die Mühle mich beobachtet. Dass hinter den dunklen Fenstern etwas lauerte, das ich nicht sehen konnte.

Heute, nach der Restaurierung, ist dieser Zauber ein wenig verblasst. Doch wenn ich an Herbsttagen durch den Park laufe, wenn Nebelschwaden durch die Bäume ziehen, dann ist es wieder da – dieses Gefühl, dass die Mühle mehr ist als nur ein Gebäude. Sie ist ein Ort voller Geschichten, voller Vergangenheit – und voller Märchen, die noch erzählt werden müssen.

Vom Hexenhaus zum Kunstort

Im Rahmen des Rüsselsheimer Kultursommers hatte ich die besondere Gelegenheit, als erster Künstler in der frisch restaurierten Alten Mühle auszustellen. Ich verwandelte sie in ein offenes Atelier, einen Raum für Kunst, Begegnung und Musik.

Für meine Ausstellung entschied ich mich für Schwarz-Weiß-Portraits von Rüsselsheimer Künstlern – eine Hommage an die Kreativen der Stadt. Doch es blieb nicht nur bei Bildern an den Wänden. Bei der Vernissage und der Finissage machte ich aus der Mühle einen Techno-Tempel. Während DJ Vargas, Martin Reichmann und DJ Phil the Gap auflegten, habe ich live gemalt – ein Dialog zwischen Klang und Farbe, zwischen Bewegung und Stillstand.

Ein neuer Ort für besondere Momente

Heute hat die Alte Mühle eine neue Funktion: Man kann sich dort trauen lassen. Ein Ort, der einst von Feuer gezeichnet war, ist nun einer für neue Anfänge. Es ist schön zu wissen, dass dieser Ort weiterlebt, sich immer wieder neu erfindet – so wie die Stadt um ihn herum.

Die „Alte Mühle“ – Ein verborgenes Juwel im Verna-Park

Die „Alte Mühle“ – oder auch Eremitage genannt – befindet sich im Stadtpark von Rüsselsheim, der zudem den Namen Verna-Park trägt. Die gesamte Parkanlage ist ein amtlich geschütztes Kulturdenkmal, das eindrucksvoll das Naturverständnis der Spätromantik widerspiegelt. Sowohl aus kunsthistorischer als auch aus landschaftsarchitektonischer Sicht besitzt der Park eine besondere Bedeutung.

Die Gartenanlage wurde nach dem Vorbild englischer Landschaftsgärten gestaltet und umfasst eine Vielzahl von Elementen:

  • Exotische und seltene Gehölze
  • Eine künstliche Ruine
  • Statuen und ein Obelisk
  • Eine Grotte

Diese sorgfältig arrangierten Elemente erzeugen für Besucher:innen ein abwechslungsreiches, visuell erfahrbares Panorama, das sich je nach Standort im Park verändert.

Veränderungen und Eingriffe in das historische Konzept

Allerdings hat sich der ursprüngliche Eindruck der Parkanlage im Laufe der Zeit verändert. Ein entscheidender Einschnitt war der Abriss der südlichen Parkmauer entlang der Frankfurter Straße. Ebenso führte die Asphaltierung der ehemals naturbelassenen Wege zu einer Veränderung des historischen Konzepts.

Die Geschichte des Verna-Parks und der Alten Mühle

Die Entstehung des Parks ist eng mit der Geschichte der Familie von Verna verbunden. 1839 erwarb die Familie das Rüsselsheimer Amtshaus sowie die angrenzenden Wiesen und Flächen. Nach dem frühen Tod von Wilhelm von Verna (1806–1843) begann seine kinderlose Witwe Wilhelmine von Verna (1803–1878) mit der Gestaltung eines Landschaftsparks nach ihren Vorstellungen. Nach ihrem Tod ging der Besitz an Ernst von Seckendorff-Verna über, der den Park 1911 an die Stadt Rüsselsheim verkaufte. Bereits ein Jahr später wurde er für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Die Alte Mühle – ein architektonisches Relikt

Die Alte Mühle liegt am Rand des Parks auf einem Hügel in der Nähe eines künstlichen Teichs. Sie wurde als Einsiedelei (Eremitage) errichtet und sollte einst als Refugium dienen – ein Rückzugsort inmitten der Natur.

Architektonisch steht die Mühle im Kontrast zum repräsentativen Palais am Parkrand:

  • Das Erdgeschoss ist in den Hang gemauert.
  • Das Obergeschoss besteht aus Fachwerk.
  • Die zerklüftete Dachlandschaft mit hohem Kamin verleiht dem Bauwerk ein malerisches Aussehen.
  • Einst besaß die Mühle sogar ein Mühlrad, das nach Bedarf in Bewegung gesetzt werden konnte.

Eine besondere technische Raffinesse war der Antrieb durch eine **Dampfmaschine**, die zugleich die Pumpe für den **Springbrunnen mit der Kranich-Figur im großen Teich** speiste. Wann genau die Dampfmaschine eingebaut wurde, ist heute nicht mehr bekannt. Doch anders als man vermuten könnte, empfand man diese Technik damals nicht als Störung der Gartenidylle – im Gegenteil: **Der Besitz einer modernen Maschine war ein Zeichen des Fortschritts.**

Ein wechselhaftes Schicksal im 20. Jahrhundert

Im Laufe des 20. Jahrhunderts erlitt die Alte Mühle einige Veränderungen:

  • Über 25 Jahre lang war sie ungenutzt und diente lediglich als Abstellraum für Gartengeräte der Stadtgärtnerei.
  • 1976 wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt und dem nahegelegenen „Haus der Senioren“ zur Verfügung gestellt.
  • 1992 zerstörte ein Brand den Dachstuhl und Teile des Obergeschosses.
  • 1995 konnte zumindest die Fassade restauriert werden.
  • Witterung und Vandalismus setzten der Mühle weiterhin zu.

Erst 2017, im Rahmen der Vorbereitungen auf den **Hessentag in Rüsselsheim**, konnte die Mühle umfassend saniert werden:

  • Die Geschossdecke wurde vollständig erneuert.
  • Die Außenfassade wurde restauriert.
  • Büsche und Bäume wurden zurückgeschnitten, sodass nun wieder eine freie Sicht auf die Eremitage besteht.

Ein Ort im Wandel

Seit ihrer Sanierung wird die Alte Mühle als Veranstaltungsort genutzt. Sie dient nicht nur als Ausstellungsraum für Künstler, sondern auch als **Treffpunkt für Kulturveranstaltungen**.

Ursprünglich als **Rückzugsort** für die Naturverbundenen der Romantik erbaut, wurde die Mühle über die Jahre zu einer **Abstellkammer**, um schließlich frisch renoviert **als Domizil für Kunst und Kultur** wieder aufzuleben.

Literatur

  • Gorenflo, Roger M. (1981). Der Rüsselsheimer Stadtpark – Ein Englischer Garten am Main aus der Spätromantik. Rüsselsheim.
  • Maul, Bärbel (2013). Gartenromantik in der Industriegemeinde – Der Verna-Park in Rüsselsheim. Regensburg.
  • Metzner, Ernst Erich; Helm, Arnim (1987). Rüsselsheimer Rundwege – Einführung in die Landschaft und Geschichte des Stadtgebiets. Rüsselsheim.

Quellen

  • Text und Foto: Jennifer Berger
  • artmap.kreativnoma.de (04.07.2018)
  • gg-online.de (04.07.2018)
  • Main-Spitze vom 07.08.2016, 04.03.2017.
  • Rüsselsheimer Echo vom 10.09.2016, 02.07.2018.
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