
Der Granatsplitter – Ein Mahnmal gegen den Krieg
Ein Denkmal der Erinnerung
1968, mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, schuf der Bildhauer Helmut Lander die Skulptur „Granatsplitter“. Sie entstand in einer Zeit, in der die Wunden des Krieges noch immer nicht verheilt waren, eine Generation, die den Schrecken überlebt hatte, sich aber erneut mit Krieg, Flucht und Zerstörung auseinandersetzen musste – sei es durch den Vietnamkrieg, die Spannungen des Kalten Krieges oder die Diskussionen über Deutschlands Verantwortung in der Welt.
Der „Granatsplitter“ ist ein Werk von bedrückender Schwere: Eine eine Tonne schwere Betonplastik mit scharfen Zacken, die sich wie ein explosiver Fragmenthaufen aus dem Boden zu erheben scheint. Das Kunstwerk sollte als Mahnmal dienen, um an die Katastrophen des Krieges zu erinnern – an die zerfetzten Körper, die zerstörten Städte und die Millionen von Toten.
Kunst im öffentlichen Raum als Spiegel der Gesellschaft
Die Bedeutung von Mahnmalen wie dem Granatsplitter geht weit über ihre ästhetische Wirkung hinaus. Sie sind ein Teil unserer kollektiven Erinnerung und halten die Geschichten wach, die nicht in Vergessenheit geraten dürfen. Doch was bedeutet dieses Mahnmal heute, über 60 Jahre nach seiner Errichtung?
Wir leben erneut in einer Zeit der Unsicherheit: Flucht, Krieg und Vertreibung sind wieder zentrale Themen. Der Angriffskrieg auf die Ukraine, die humanitären Krisen im Nahen Osten, die Millionen von Menschen, die weltweit auf der Flucht sind – all das zeigt, dass die Lehren aus der Vergangenheit nicht ausgereicht haben, um neue Konflikte zu verhindern. Die Welt ist weiterhin zerrissen, und während wir uns in den 1960er Jahren an die dunklen Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts erinnerten, stehen wir heute vor neuen Herausforderungen.
Solche Kunstwerke sind deshalb wichtiger denn je. Sie sind nicht nur Denkmäler der Vergangenheit, sondern auch Warnsignale für die Zukunft. Sie fordern uns auf, nicht gleichgültig zu werden, uns nicht an Krieg zu gewöhnen und aktiv daran zu arbeiten, Frieden zu bewahren.
Meine persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema
In meiner Ausstellung „Flucht der Verdammten“ in der Galerie im Theater 2023 habe ich mich intensiv mit diesen Themen auseinandergesetzt. Krieg, Flucht und die Ursachen von Vertreibung – diese Geschichten sind nicht nur Teil der Vergangenheit, sondern weiterhin allgegenwärtig. Die Bilder und Erzählungen von damals gleichen den Bildern von heute: zerbombte Städte, verzweifelte Familien auf der Flucht, zerstörte Existenzen.
Der „Granatsplitter“ steht für mich nicht nur für die Schrecken des Zweiten Weltkriegs, sondern für eine immer wiederkehrende Realität. Diese Skulptur erinnert daran, dass Kriege nie abstrakt sind – sie hinterlassen Narben, zerreißen Familien und zerstören Zukunftshoffnungen.
Die Rolle der Kunst im öffentlichen Raum
Öffentliche Kunstwerke wie der Granatsplitter sind essenziell, um die Erinnerungskultur aufrechtzuerhalten. Sie machen Geschichte greifbar und fordern uns auf, uns mit ihr auseinanderzusetzen. In einer Zeit, in der sich gesellschaftliche Diskussionen immer häufiger in digitalen Räumen abspielen und Gedenkkultur zunehmend hinterfragt wird, bleibt Kunst im öffentlichen Raum eine der wichtigsten Möglichkeiten, Geschichte physisch erfahrbar zu machen.
Es ist ein Mahnmal, das bleibt. Ein stummer Zeuge vergangener und gegenwärtiger Kriege. Und ein Zeichen dafür, dass Kunst niemals ihre Stimme verlieren darf.