HEIMAT

Heimat – Eine Skulptur, die Fragen stellt

Am 12. Mai 2017 fiel mit der Installation “Heimat” des Rüsselsheimer Künstlers Mario Hergueta der Startschuss für den Kunstpfad am Mainvorland. Die sechs großen Lettern aus Stahl stehen scheinbar willkürlich angeordnet, ohne ein erkennbares System oder eine klare Reihenfolge. Gerade dadurch regt die Skulptur zum Nachdenken an: Was bedeutet Heimat? Ist sie etwas Festes oder verändert sie sich mit unserer Perspektive?

Mario Hergueta und seine Verbindung zu Rüsselsheim

Mario Hergueta ist ein in Rüsselsheim ansässiger Künstler, dessen Arbeiten oft konzeptionelle Tiefe mit ästhetischer Klarheit verbinden. Er ist bekannt für seine Skulpturen und Installationen, die sich mit Identität, Zugehörigkeit und gesellschaftlichen Strukturenauseinandersetzen. Seine Werke fordern den Betrachter auf, sich mit seiner Umgebung zu beschäftigen und Dinge nicht nur oberflächlich wahrzunehmen.

Neben der „Heimat“-Installation gehören noch drei weitere Kunstwerke zum Kunstpfad am Mainvorland, die sich mit verschiedenen Aspekten der Stadt und ihrer Geschichte auseinandersetzen sollen. Die Kunstprojekte laden zum Verweilen, Betrachten und Diskutierenein – genau das, was Kunst im öffentlichen Raum bewirken sollte.

Meine persönliche Verbindung zu Mario Hergueta

Ich hatte das Glück, Mario persönlich kennenzulernen. Wir waren vier Jahre lang Ateliernachbarn auf dem ehemaligen Opelgelände, dem Altwerk – einem Ort, der selbst eine spannende Symbiose aus Industriegeschichte und kreativer Wiederbelebung darstellt. Unsere Ateliers lagen Tür an Tür, und so ergaben sich immer wieder Gespräche über Kunst, Inspiration und den Wandel Rüsselsheims.

Unsere erste Begegnung fand allerdings schon im Rahmen meiner Ausstellung über Rüsselsheimer Künstlerporträts statt. Dabei hatte ich die Gelegenheit, ihn gemeinsam mit einem Freund zu interviewen. Ich war sofort fasziniert von seiner Herangehensweise an Kunst und seiner Sichtweise auf die Stadt, die ihn geprägt hat und die er selbst mit seinen Arbeiten aktiv mitgestaltet.

Heimat als willkürliches Konstrukt?

Ich persönlich kann mich mit der Komposition der Skulptur sehr gut identifizieren. Denn auch für mich ist Heimat nicht etwas Starres oder Selbstverständliches. Meine eigene Heimat ist durch Koinzidenz und Willkür entstanden – durch Migration, Erlebnisse, Verluste und Neuanfänge.

Ähnlich wie sich die Buchstaben der Skulptur bei einem Perspektivwechsel neu anordnen, verändert sich auch unsere eigene Definition von Heimat – sie kann wachsen, sich verschieben oder sogar verloren gehen. Was Heimat für mich bedeutet, ist nicht das, was sie für jemanden anderen bedeutet. Und genau das macht diese Arbeit so stark: Sie ist nicht einfach nur ein Schriftzug, sondern eine offene Frage, die sich jeder selbst beantworten muss.

Ein Denkmal für Reflexion

In einer Zeit, in der Begriffe wie Heimat oft politisch instrumentalisiert werden, zeigt Herguetas Skulptur eine offene und vielschichtige Perspektive. Sie zwingt uns dazu, über unsere eigenen Wurzeln, Zugehörigkeiten und vielleicht sogar Vorurteilenachzudenken.

Die Tatsache, dass dieses Kunstwerk den Kunstpfad eröffnet, macht es umso bedeutsamer. Es ist kein Denkmal, das eine eindeutige Antwort gibt, sondern eines, das zum Zweifeln und Reflektieren einlädt – und genau das ist es, was Kunst im öffentlichen Raum leisten sollte.

HEIMAT – Dekonstruiert und Neu Zusammengesetzt

Mario Hergueta beschreibt seine Skulptur HEIMAT als eine bewusste Dekonstruktion des Begriffs Heimat, die ihn in eine Wortskulptur aus Stahl transformiert. Dabei werden die einzelnen Lettern des Wortes HEIMAT nicht einfach nebeneinandergesetzt, sondern kompositorisch neu in Beziehung zueinander gebracht. Durch ihr gegenseitiges Anlehnen und Abstützen entstehen vielfältige ästhetische Bezüge und plastische Qualitäten, die über die reine Form hinaus eine tiefere Bedeutungsebene eröffnen.

„Die aus Schriftzeichen konstruierte Skulptur wirkt als materielles Objekt, das eine besondere Relevanz durch die Konfrontation des sozialen und kulturellen Bezugssystems mit der Bedeutungsebene von Sprache erhält“, sagt Hergueta selbst. Sie kommt ohne Podest aus, wächst direkt aus der Erde heraus – als wäre sie ein organischer Teil des Ortes, in dem sie steht.

Auch das Material, Cortenstahl, trägt zur inhaltlichen Ebene bei. Seine sich verändernde Oberfläche macht den nicht abschließenden Prozess einer Reflexion über Heimat sichtbar. Der Rost als Zeichen der Vergänglichkeit, der Wandel als Symbol für die Unbeständigkeit von Heimat – ein Gedanke, den Hergueta bewusst in die Gestaltung einfließen ließ.

Wer den Entstehungsprozess nachvollziehen möchte, sollte einen Blick auf die Fotos der Skulptur im Werden werfen – denn Heimat ist nicht nur ein Wort, sondern eine Geschichte in Bewegung.

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