

Adam Opel – ein Denkmal, ein Name, eine Geschichte voller Ironie
1937 formte Emil Hub die beeindruckende 3,35 Meter hohe, 4,5 Tonnen schwere Bronzefigur von Adam Opel – ein Werk zu Ehren des hundertsten Geburtstags des Firmengründers und gleichzeitig zum 75. Jubiläum der Marke Opel. Ursprünglich stand diese überlebensgroße Statue am Werkstor 20, an der Einmündung der Weisenauer Straße in die Mainzer Straße, bis sie 1980 im Rahmen der Neugestaltung des Bahnhofvorplatzes einen neuen Platz auf einem Podest erhielt. Und mit diesem neuen Standort? Kam auch die Diskussion. Post mortem sorgte „Adam“ für Unruhe – nicht in der Automobilbranche, sondern in der Frage, wo er am besten aufgehoben wäre.
2005 verschwand das Podest, Adam Opel stand fortan direkt auf dem Boden, mittendrin, statt erhöht. Doch die Stadt war nicht fertig mit ihm: 2014 musste er erneut weichen – zwei Autounfälle hatten die Bronzefigur beschädigt, eine ironische Wendung, wenn man bedenkt, dass er sich zu Lebzeiten gegen Automobile ausgesprochen haben soll.
„Aus diesem Stinkkasten wird nie mehr werden als ein Spielzeug für Millionäre, die nicht wissen, wie sie ihr Geld wegwerfen sollen!“
Dass nur wenige Jahre nach seinem Tod Opel zur Automobilmarke wurde, ist eine dieser bitter-süßen Ironien der Geschichte.
Vergangenheitsbewältigung oder Verdrängung?
Doch es gibt noch eine zweite Diskussion: Emil Hub, der Bildhauer der Statue, war nicht nur Dozent an der Städelschule, sondern auch einer der Künstler, die während der NS-Zeit auf der Großen Deutschen Kunstausstellung (1937–1944) in München vertreten waren. Und so stehen wir vor der altbekannten Frage: Vergangenheitsbewältigung oder Verdrängung? Was tun mit einer Skulptur, die von einem umstrittenen Künstler stammt? Sollte man sie entfernen oder den historischen Kontext aushalten?
Unabhängig von all dem: Adam Opel selbst starb lange vor der NS-Zeit. Und nicht nur das – er erlebte nicht einmal den Aufstieg „seiner“ Firma zum Automobilhersteller. Es war Sophie Opel, seine Frau, die 1899 die Initialzündung für die Autoproduktion gab. Sie war es, die die Kooperation mit einem französischen Hersteller einging, um Opel zur erfolgreichsten deutschen Automarke zu machen – eine strategische Entscheidung, die ihren Mann wohl im Grab hätte rotieren lassen.
Opel – mehr als nur eine Marke
Für mich ist Opel weit mehr als nur ein Konzern oder eine Statue in der Stadt. Ohne Opel wäre mein Großvater nicht nach Rüsselsheim gekommen. Ohne Opel wäre ich nicht hier, nicht so eng mit meiner Geburtsstadt verbunden. Auch mein Vater war ein „Opelaner“, nachdem er seine Lehre als Sattler abgeschlossen hatte. Opel war für meine Familie immer da – nicht nur als Arbeitgeber, sondern als eine Konstante, die sich durch Generationen zieht. Und ohne Opel? Wäre auch die Kunst in Rüsselsheim nicht das, was sie heute ist.
Das Adam-Opel-Denkmal von 1937
Vor dem Haupteingang des Rüsselsheimer Opelwerkes auf dem Bahnhofsplatz steht in realistischer, aber überlebensgroßer Ausführung die Statue des Firmengründers Adam Opel (1837–1895). Der ursprüngliche Standort dieses Denkmals befand sich bis 1980 am Werkstor 20, an der Einmündung der Weisenauer Straße in die Mainzer Straße (vgl. Otto 1988, 52).
Eine monumentale Skulptur
Das viereinhalb Tonnen schwere und etwa dreieinhalb Meter hohe Standbild aus Bronze ist auf einem flachen, runden Betonsockel platziert. Der Sockel trägt eine Tafel mit dem Namen und den Lebensdaten des Dargestellten. Auf der Sockelplatte findet man zudem den Bildhauer Emil Hub und das Unternehmen, von dem das Denkmal gegossen wurde (A. Komo & Sohn, Frankfurt a. Main).
Das Standbild zeigt Adam Opel in fortgeschrittenem Alter mit Vollbart. Er trägt über seinem Anzug einen knielangen Mantel und hält in seiner rechten Hand einen kreisrunden Hut (Porkpie). Er steht vor der Hauptfront des nach ihm benannten Werkes und lässt seinen Blick in die Ferne Richtung Bahnhof schweifen.
„So steht er da, auf niederem Sockel, ein Mann aus dem Volke, dem die Stadt ihre Größe verdankt.“
(Otto 1988, 52)
Wer war Adam Opel?
Adam Opel wurde 1837 als Sohn eines Schlossermeisters in Rüsselsheim geboren. Von seinem Vater erlernte er das Handwerk und ging mit zwanzig Jahren – wie damals üblich – auf Wanderschaft, um seine Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Seine Reise führte ihn nach Frankreich, wo er in einer **Pariser Nähmaschinenfabrik** arbeitete und lernte, wie man solche Maschinen herstellt (vgl. Borst 1995, 29; Pohl 1995, 9ff.).
1868 heiratete er Sophie Scheller (1840–1913), mit der er eine eigene Fabrik zur Nähmaschinenproduktion aufbaute. 1887 begann das Unternehmen auch mit der Produktion von **Fahrrädern**. Nach seinem Tod führten seine Ehefrau und ihre fünf Söhne das Unternehmen weiter. **1899 entschieden sie sich, in die aufkommende Automobilbranche einzusteigen**, womit sie den industriellen Aufschwung der Stadt Rüsselsheim maßgeblich prägten. Adam Opel selbst war zu diesem Zeitpunkt bereits seit vier Jahren tot (vgl. Borst 1995, 39), doch sein Name blieb untrennbar mit der Automobilproduktion verbunden.
Die feierliche Einweihung
Zu seinem **100. Geburtstag und zum 75-jährigen Firmenjubiläum** wurde das Denkmal am **7. August 1937** feierlich eingeweiht. Die Enthüllungsfeier war Teil eines großen Festwochenendes zur **500. Wiederkehr der Verleihung der Stadtrechte**.
Den Auftakt machte eine **Rede von Adam Opels Sohn Wilhelm (1871–1948)**, gefolgt von einem Autokorso mit 31 Opel-Fahrzeugen sowie einer großen Feier (vgl. Opel-Kamerad, 1937).
Der Bildhauer Emil Hub – eine kontroverse Figur
Der Bildhauer Emil Hub (1876–1954) stammte aus Frankfurt am Main. Neben dem Adam-Opel-Denkmal schuf er für Rüsselsheim auch die **Dr.-Fritz-Opel-Büste**, die noch heute am Fritz-Opel-Platz steht (vgl. Otto 1988, 234).
Während der NS-Zeit war Hub an der **Großen Deutschen Kunstausstellung (1937–1944) in München** beteiligt. Daher geriet das Denkmal immer wieder in die Kritik, obwohl Adam Opel selbst damit natürlich nicht gemeint war (vgl. Main-Spitze, 06.09.2012).
Diskussionen um das Denkmal
Die **Umsetzung des Denkmals 1980** führte erneut zu Diskussionen. Kritisiert wurde vor allem seine **Erhöhung durch ein Podest**. Nach Meinung des damaligen Stadtrats Klaus Franz repräsentiere dies eine „längst überholte autoritäre Struktur der Stadtkultur“ und entspreche nicht dem Stil von Adam Opel. **Dieser sei ein Firmenchef gewesen, der mitten unter seiner Belegschaft stand – nicht über ihr** (vgl. Rüsselsheimer Echo, 13., 14. und 17.11.1992).
2005 wurde der Bahnhofsvorplatz erneut umgestaltet. Der hohe Sockel unter dem Denkmal wurde entfernt, sodass Adam Opel heute **nur noch leicht erhöht vor dem Opel-Werk steht**. Dennoch müssen Passanten noch immer zu ihm aufblicken – aber er ist ihnen näher als zuvor.
„Völlig unbeschadet hat er diese Verwandlung nicht überstanden, da ihm seine neue Nähe bereits mehrere Zusammenstöße mit dem Autoverkehr eingebracht hat.“
(Main-Spitze, 21.11.2014)
Symbolische Bedeutung für Rüsselsheim
Obwohl das Adam-Opel-Denkmal mit seiner **monumentalen und heroisierenden Darstellung** einer Einzelperson nicht mehr ganz dem heutigen Zeitgeist entspricht, bleibt es ein bedeutendes Symbol. Es verweist auf das **wichtigste Wirtschaftsunternehmen der Stadt** und spielt eine große Rolle für die öffentliche Wahrnehmung Rüsselsheims. Dies zeigt sich nicht zuletzt an seiner **medialen Präsenz**.
Text und Foto: Vanessa Rockstein
Literatur
- Borst, Ernst (1995). Zum 100. Todestag von Adam Opel – Erinnerungen an Adam Opel. Rucilin, Rüsselsheim in Vergangenheit und Gegenwart, 16, 24−39.
- Otto, Rudolf. (1988). Kunstdenkmäler und Kunst am Bau in Rüsselsheim. Rüsselsheim.
- Pohl, Hans (1995). Adam Opel – Unternehmer im Zeitalter der Industrialisierung.
Quellen
- Main-Spitze vom 23.09.1980, 21. und 22.07.2005, 06.09.2012, 21.11.2014 (SAR).
- Rüsselsheimer Echo vom 13., 14. und 17.11.1992 (SAR) und vom 23.07.2005 (Heimatarchiv Rüsselsheim).
- Opel-Kamerad, 8. Jahrgang, Sept. 1937 Nr. 6/7 (SAR).