FESTUNG


Die Geschichte der Rüsselsheimer Festung – Ein Relikt vergangener Zeiten

Die Rüsselsheimer Festung ist eines der ältesten und bedeutendsten Bauwerke der Stadt. Sie erzählt eine Geschichte von Macht, Zerstörung und Wiederaufbau, die sich über mehrere Jahrhunderte erstreckt. Heute ist sie nicht nur ein Denkmal vergangener Zeiten, sondern auch ein kulturelles Zentrum, das das Stadt- und Industriemuseum sowie das Stadtarchiv beherbergt.

Von einer Burg zur Festung

Im Jahr 1399 ließen die Grafen von Katzenelnbogen ein befestigtes „Haus“ in ihrem Dorf Rüsselsheim errichten. Es handelte sich dabei um eine erste Wehranlage, die das strategisch günstig gelegene Gebiet am Main schützen sollte. Mit dem Aussterben der Katzenelnbogener Linie fiel Rüsselsheim 1479 an die Landgrafschaft Hessen, die den Ausbau der Burg vorantrieb.

Bis ins 16. Jahrhundert hinein wurde die Anlage stetig erweitert. Schließlich wurde sie zur Festung umgebaut und 1546 als eine der vier hessischen Landesfestungen fertiggestellt – neben Kassel, Ziegenhain und Rheinfels. Auch wenn die Rüsselsheimer Festung im „hessischen Festungsquartett“ eher als klein galt, war sie doch ein bedeutender Verteidigungspunkt im hessischen Territorialstaat.

In Kriegszeiten konnten hier 800 Fußknechte und 200 Reiter untergebracht werden. Zudem verfügte die Festung über 79 Geschütze – eine solide, wenn auch nicht übermächtige Bewaffnung. Während des Schmalkaldischen Krieges (1546–1547) überstand die Festung zwar die Kampfhandlungen, doch der Krieg ging für Hessen verloren. Im Jahr 1547 wurde die Festung, wie damals üblich, „abgeschleift“ – also strategisch unbrauchbar gemacht.

Doch schon 1560 wurde sie unter Landgraf Philipp I. von Hessen wieder aufgebaut und erneut in Betrieb genommen.

Die Zerstörung der Festung

Über ein Jahrhundert hielt die Festung verschiedensten Auseinandersetzungen stand – bis zum Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688–1697). Am 6. April 1689 wurde sie von französischen Truppen gesprengt. Die Zerstörung war Teil der Politik Ludwigs XIV., der gezielt Städte und Festungen verwüsten ließ, um dem Gegner langfristig zu schaden.

Nach der Zerstörung diente die Ruine verschiedenen Zwecken:

• Im 18. und 19. Jahrhundert wurden die Reste der Anlage als Gefängnis und Lazarett genutzt.

• Es wird überliefert, dass die Gewölbekeller zur Champignonzucht dienten – eine ungewöhnliche, aber durchaus effektive Nutzung der alten Gemäuer.

• Während des Zweiten Weltkriegs suchten viele Rüsselsheimer in den unterirdischen Räumen Schutz vor Luftangriffen.

Von der Ruine zum Kulturzentrum

Im Jahr 1954 kaufte die Stadt Rüsselsheim die Festung vom Land Hessen, wodurch sie in städtische Hand überging. Drei Jahre später, 1957, wurden Teile der Anlage zur Jugendherberge umfunktioniert.

Ein weiterer großer Meilenstein folgte 1976, als die Festung zur Heimat für das Stadt- und Industriemuseum sowie das Stadtarchivwurde. Seither hat sich das Areal zu einem wichtigen Ort der Geschichtsvermittlung entwickelt.

In den 1990er Jahren wurde die Festung umfassend saniert und denkmalgerecht restauriert. Heute erstrahlt sie in neuem Glanz und bietet einen Einblick in die bewegte Vergangenheit Rüsselsheims.

Die Festung heute – Ein lebendiges Denkmal

Heute ist die Rüsselsheimer Festung mehr als nur eine historische Stätte – sie ist ein Ort der Begegnung, der Kultur und der Erinnerung. Neben den Dauerausstellungen des Stadt- und Industriemuseums finden hier regelmäßig Veranstaltungen, Führungen und kulturelle Events statt.

Die Festung mag einst als militärische Bastion gedacht gewesen sein, doch heute steht sie als Symbol für den Wandel der Stadt. Von der Verteidigungsanlage zur Bildungsstätte – die Geschichte der Rüsselsheimer Festung ist eine Geschichte des Überlebens und der Anpassung.

Und wer durch die alten Mauern spaziert, kann noch immer die Spuren vergangener Jahrhunderte entdecken.


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