
Das Palais Verna – Ein historisches Erbe im Dornröschenschlaf
Das Palais Verna ist eines der bedeutendsten historischen Gebäude in Rüsselsheim. Errichtet im Jahr 1770 als Amtshaus, erlebte es zahlreiche Nutzungen und Umbauten. Seinen heutigen Namen verdankt es der Familie von Verna, die das Anwesen 1850 erwarb und in ein repräsentatives, dreigeschossiges Palais im klassizistischen Stil umbauen ließ. Besonders markant sind der Altan sowie das großzügige Treppenhaus, das bis heute ein prägendes architektonisches Element des Gebäudes ist.
Neben dem Palais erwarb die Familie fünf Hektar Land und gestaltete nach romantischem Vorbild einen Landschaftspark – den heutigen Verna-Park. Inspiriert von englischen Landschaftsgärten, wurde hier ein Naturidyll geschaffen, das bis heute als grüne Oase der Stadt dient.
Vom Adelssitz zum Verwaltungsgebäude
Nach dem Tod der letzten Besitzerin der Familie von Verna ging das Anwesen in den Besitz von Freiherr von Seckendorff über, der es 1911 an die Stadt Rüsselsheim verkaufte. Im darauffolgenden Jahr wurde der Park der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, während das Palais ab 1912 als Rathaus diente.
Von 1912 bis 1983 war hier auch das Polizeirevier untergebracht, doch der denkmalgeschützte Bau wurde in dieser Zeit nicht besonders pfleglich behandelt. Der Umzug der Polizei in den Neubau im Hasengrund war daher auch eine Erleichterung für Denkmalschützer, die den schlechten Zustand des Gebäudes mit Sorge betrachteten.
Heute beherbergt das Palais das Ordnungsamt, genauer gesagt den Fachbereich Sicherheit und Ordnung – doch trotz dieser städtischen Nutzung verfällt das Gebäude zunehmend. Nur notdürftige Instandhaltungsmaßnahmen verhindern, dass der Bau völlig verfällt. Ein trauriges Schicksal für ein Haus mit einer solch reichen Geschichte.
Meine persönliche Verbindung zum Palais Verna
Für mich war das Palais Verna immer der Sitz der Ausländerbehörde. Auch wenn mein Geburtsort 6090 (das alte Postleitzahlen-System für Rüsselsheim) ist und ich bereits die dritte Generation meiner Familie in Deutschland bin, musste ich mich aktiv um die deutsche Staatsbürgerschaft bewerben. Vor zehn Jahren wurde ich schließlich eingebürgert – ein Moment, der mit diesem Gebäude verbunden bleibt.
Ironischerweise steht das Palais, ein Symbol für die Verwaltungs- und Machtstrukturen der Stadt, in einem Zustand, der kaum der historischen Bedeutung des Ortes gerecht wird. Es ist fast schon ein Sinnbild für den Umgang mit Erbe und Identität – sowohl im städtischen Kontext als auch in persönlicher Hinsicht.
Ein Gebäude mit solch einem historischen Wert verdient mehr als eine bloße Zwecknutzung. Vielleicht findet sich eines Tages eine Initiative, die sich für eine angemessene Sanierung und kulturelle Nutzung des Palais einsetzt – denn Rüsselsheim braucht Orte, die nicht nur Verwaltungszwecken dienen, sondern auch Geschichte lebendig halten.
Fazit:
Das Palais Verna ist ein architektonisches Juwel, das nach Jahrzehnten der Verwaltung und Vernachlässigung eine würdige Nutzung und Erhaltung verdient. Vielleicht könnte es – ähnlich wie die Opelvillen – als Kulturzentrum genutzt werden, um den Menschen in Rüsselsheim einen Ort der Begegnung und Erinnerung zu bieten. Bis dahin bleibt es ein Ort, der zwar Geschichte atmet, aber zunehmend unter seinem eigenen Verfall leidet.
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