HYMNE AN DIE FRAU

„Hymne an die Frau“ – Kunst, die provoziert und bleibt

Die Bronzeskulptur „Hymne an die Frau“ von Inge Besgen ist mehr als nur eine Skulptur – sie ist ein Statement. Geschaffen 1981 und seit 2001 am Merianweg 10 in Rüsselsheim am Main aufgestellt, sorgt sie bis heute für Diskussionen. Warum? Weil sie nicht den Erwartungen entspricht. Weil sie nicht gefällig ist. Weil sie zeigt, was oft versteckt bleibt.

Die Skulptur selbst ist reduziert, fast roh – sie stellt den Intimbereich einer Frau dar und ruht auf einem etwa einen Meter hohen Stahlsockel. Schon bei ihrer Enthüllung spaltete sie die Meinungen in der Nachbarschaft. Einige sahen darin Kunst, andere eine Provokation. Jemand riss sogar die Beleuchtung heraus, als wollte man das Werk im Dunkeln lassen, als sei es unerwünscht. Die Frage „Wie lange soll das hier stehen bleiben?“ wurde immer wieder gestellt. Doch Inge Besgen ließ sich davon nicht beirren.

Heute, über 40 Jahre nach ihrer Entstehung, steht die Skulptur noch immer da – und mit ihr die Frage: Wie gehen wir mit Kunst um, die uns herausfordert?

Inge Besgen – Kunst als Experiment, als Provokation, als Lebenslinie

Dass Inge Besgen mit ihrer Kunst aneckt, ist kein Zufall. Ihre Werke sind keine Dekoration – sie sind Ausdruck, Reflexion, manchmal Konfrontation. Besonders deutlich wird das in ihrer Serie „Rippeds“, für die sie zerrissene Seiten aus Pornoheften in Kunst verwandelte. Was dort als männlicher Blick auf weibliche Körper inszeniert wurde, verfremdete sie, überzeichnete es, ließ Neues entstehen.

Doch Besgen ist nicht nur Bildhauerin. 1985 gründete sie die Merian-Kunstschule in Rüsselsheim, um jungen Künstler:innen einen Raum für ihre kreative Entwicklung zu geben. 1994 wurde sie mit dem Kulturpreis der Stadt Rüsselsheim ausgezeichnet. Ihr wohl bedeutendstes Projekt, „Lebenslinien“, ist ein Denkmal für Rüsselsheimer Persönlichkeiten – ein Werk, das die Stadtgeschichte auf künstlerische Weise greifbar macht.

Ich durfte Inge Besgen vor einigen Jahren persönlich kennenlernen, im Rahmen eines Künstlerporträt-Fotoprojekts. Was mich an ihr beeindruckt, ist nicht nur ihre Kunst, sondern ihre Haltung: sie hört nie auf, Fragen zu stellen, Dinge zu hinterfragen, zu experimentieren. Es ist eine Energie, die ansteckt. Ein Gespräch mit ihr ist nicht nur inspirierend – es regt zum Weiterdenken an.

Und genau das macht Kunst aus. Sie bleibt, verändert sich mit uns und fordert uns heraus. So wie „Hymne an die Frau“ – eine Skulptur, die nicht nur gesehen, sondern auch diskutiert werden will.

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