MAXIMA KNÖSS

ARTSbesuch: Echoes of Oneself – Ein Raum für Freiheit

Ein Flashback: Der Ursprung von 10m Freiheit

August 2021. Spätsommer. Die Hitze des Tages weicht langsam einer lauen Abendbrise, während wir auf Karins Balkon sitzen. Der Himmel verfärbt sich in ein warmes Orange, das Licht taucht unsere Gesichter in weiche Schatten. Dr. Karin Mairitsch und ich treffen uns regelmäßig, um Ideen zu spinnen, über Kunst zu sprechen, Formate zu entwerfen, manchmal auch einfach, um gemeinsam zu malen. Unsere Gespräche fließen wie Farbe über eine Leinwand, sich überlagernd, neue Konturen findend.

An diesem Abend erzählt Karin mir von einem Leerstand in der Frankfurterstraße 3. Ein ungenutzter Raum, bereit, mit Ideen gefüllt zu werden. Ich erinnere mich an die Art, wie sich meine Gedanken sofort in Bewegung setzten – ein Performancekonzept, ein Name: 10m Freiheit. Wir fragen uns: Was ist Freiheit? Existiert sie überhaupt? Und während wir diese Fragen stellen, nimmt die Idee Form an. Der Raum wird zum freiraum f3. Ein Ort, an dem das Erkunden, das Hinterfragen, das Experimentieren im Mittelpunkt stehen sollen.

Heute kehre ich zurück an diesen Ort.

Begegnung mit Maxima Elisabeth Knöss

Ich treffe Maxima Elisabeth Knöss, die aktuell mit Adriana Wojtkiewicz im f3 residiert. Es ist eine dieser Begegnungen, die langsam an Tiefe gewinnen, je mehr man spricht, je länger man zuhört. Ich beobachte, wie sie spricht – eine feine, durchdachte Art, als würde sie ihre Worte vorsichtig wie Farbschichten auftragen, Schicht für Schicht, bedacht auf jedes Detail.

Maxima ist in Bauschheim aufgewachsen. Ihr schulischer Weg gleicht einer Reise durch verschiedene Welten: Immanuel-Kant-Schule, Friedrich-Ebert-Schule, Parkschule, schließlich das Abitur an der Werner-Heisenberg-Schule mit Schwerpunkt Psychologie und Pädagogik. Ein ständiges Wechseln von Orten, von Systemen. Vielleicht liegt darin auch die Wurzel ihres künstlerischen Ausdrucks – das Bedürfnis, etwas Eigenes, Beständiges zu schaffen.

Kunst war immer in ihrer Nähe, ohne dass sie es zunächst als ihren eigenen Weg erkannte. Ihr Vater, Alexander Knöss, ist Teil des Ensembles des verdammten Volkstheaters unter der Leitung von Regine Schröder-Kracht. Ihr Bruder Kevin Knöss hat mit Yannick Pfeifer bereits mehrfach im f3 residiert. Theater, Malerei, Ausdruck – ein Familienerbe, das Maxima zunächst nur aus der Beobachtung heraus wahrnimmt. Doch in ihr wächst der Wunsch nach einem klaren, eigenen Ausdruck.

“Echoes of Oneself” – Identität im Schaffen

Malerei wird zu ihrem Medium. Sie sucht nicht nach Perfektion, sondern nach Klarheit. Doch genau dieser Anspruch an sich selbst wird oft zur Hürde. Ihr Perfektionismus hemmt sie. Es dauert lange, bis sie den Mut findet, ihre Arbeiten zu zeigen. Erst bei einer Gruppenausstellung im Rollwerk stellt sie sich dem Blick der Öffentlichkeit. Ein Schlüsselmoment. Sie erkennt, dass Kunst nicht nur im Entstehen, sondern vor allem im Dialog mit dem Betrachtenden wächst.

Mit ihrer Freundin Adriana Wojtkiewicz entwickelt sie das Konzept „Echoes of Oneself“ – eine Auseinandersetzung mit Identität, mit Frausein, mit dem Sein an sich. Im f3 bekommt dieses Schaffen eine neue Dimension. Die Wände des Raums sind nicht nur Begrenzung, sie sind auch Schutz, ein Resonanzkörper. Hier wird Kunst nicht nur geschaffen, sondern erlebt.

Ich sehe ihr zu, während sie arbeitet. Ihre Bewegungen sind fließend, aber fokussiert. Die Farbe auf der Leinwand verdichtet sich, bricht an manchen Stellen auf, gibt den Blick auf tiefere Schichten frei.

Die Fenster des f3 bieten eine Verbindung zur Außenwelt. Passanten bleiben stehen, beobachten, treten in den Dialog. Manche verweilen nur kurz, andere wagen ein Gespräch. Es ist ein Arbeiten unter Beobachtung, eine Interaktion, die Malerei mit Performance verbindet.

Film, Schreiben und der Wunsch, Menschen zu bewegen

Maxima hat schon früh mit ihrem Vater Theaterstücke gelesen. Schauspiel, Schreiben, Film – all diese Ausdrucksformen begleiten sie schon lange. Ihr Wunsch ist es, mit bewegten Bildern Menschen zu bewegen. Sie plant, Filmwissenschaften mit Kunst im Nebenfach zu studieren, ein nächster Schritt in ihrer künstlerischen Entwicklung.

Wir sprechen über die Rüsselsheimer Filmtage, ein Festival, das sich unabhängigen, experimentellen und gesellschaftlich relevanten Filmen widmet. Sie interessiert sich für die Cinema Concetta Filmförderung, die junge Filmschaffende unterstützt. Es sind Gespräche, die sich verzweigen, neue Ideen aufwerfen, den Weg in neue Richtungen lenken.

Der Wert freier Räume

Ich darf noch ein wenig stiller Beobachter im f3 sein. So wie die Passanten draußen, die im Vorbeigehen innehalten. Ich beobachte, wie Licht und Schatten sich über die Wände des Raumes bewegen, wie Farben sich mit der Zeit verändern.

Ich denke darüber nach, wie wichtig solche Orte sind.

Wie sehr ich mir in Maximas Alter solche Räume gewünscht hätte.

Ein Raum, in dem Experimentieren erlaubt ist. Ohne den Druck, ein Ergebnis abzuliefern.

Ein Raum, der Freiheit nicht nur behauptet, sondern erlebbar macht.

Hier kann Kunst wachsen. Hier kann Identität entstehen.

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